Aufzug schließt Mann ein und will ihn nicht mehr freigeben – am Ende siegt die Feuerwehr

Gar nicht alltäglicher Einsatz für die Rottweiler Feuerwehr: In einem Aufzug am Rottweiler Bahnhof steckte eine gute Dreiviertelstunde lang ein Mann fest – und die Technik, als hätte sie einen eigenen Willen, weigerte sich beharrlich, ihn freizugeben. Schließlich wandte die Feuerwehr Gewalt an. Und siegte.
Was für eine Reise: Ein Mann, der eigentlich weiter Richtung Stuttgart wollte, einen Trip mit vier Umstiegen vor sich hatte, blieb im Aufzug zum Ferngleis des Rottweiler Bahnhofs stecken. Zwei mögliche Verbindungen verpasste er dadurch. Er nahm es gelassen, freute sich sichtlich, dass ihm Hilfe zuteil wurde.
„Person im Aufzug“ – laut dem Rottweiler Stadtbahnmeister Frank Müller, meist als Einsatzleiter dabei, ist das eigentlich nie eine große Sache. „In der Mehrzahl der Fälle ist die Kabine leer, wenn wir eintreffen“, sagte Müller der NRWZ. „Weil es dann doch funktioniert hat.“ Zu etwa zehn bis zwölf Einsätzen im Jahr wegen in Aufzügen feststeckender Personen wird die Rottweiler Feuerwehr gerufen, auch die Kolleginnen und Kollegen beispielsweise aus Oberndorf müssen zur Befreiung von Menschen regelmäßig zu ihrem Bahnhof ausrücken.
An diesem Mittwoch lief alles anders: Beim Eintreffen Müllers und kurz darauf weiterer Kräfte stand zunächst einmal fest, dass sich tatsächlich ein eingeschlossener Mann im Aufzug zu den Gleisen 4 und 5 befindet. Einige Zentimeter unterhalb der Bahnsteigebene steckte er in der Kabine fest. Die Kräfte der Feuerwehr begannen damit, ihn zu befreien. Das stellte sich als weit komplizierter heraus, als zu erwarten gewesen war.
Bildergalerie
















Am Ende war da ein „Schlachtfeld“, so nannte es Einsatzleiter Müller. Denn: Eine ganze Reihe an Werkzeugen, die eigentlich für diese und ähnliche Zwecke vorgesehen sind, sowie jeglicher Versuch, den Aufzug über seine Steuerung wieder in Gang zu setzen, scheiterten. Der Dreikantschlüssel für die Türverriegelung, Keile verschiedener Größe und aus unterschiedlichen Materialen sowie Stemmeisen hielt die Doppeltür oben stand. Unterdessen brachte auch kein Versuch, die Kabine des Aufzugs mittels der eigentlich ja dafür vorgesehenen Steuerung zu steuern, ein Ergebnis. Die oberen Türen, hinter denen der Mann feststeckte, bewegten sich ebenso wenig wie die Kabine selbst. Und mit der kabelgebundenen Handsteuerung von der Tiefe aus ließ sich der Fahrstuhl ebenfalls nicht bewegen. Und das, obwohl er „Saft hatte“, der Strom nicht ausgefallen war, Lämpchen und Displays Betriebsamkeit vortäuschten. Unterdessen war einer von zwei im passenden Zeitraum in Richtung Stuttgart fahrender ICs mit deutlicher Verspätung eingetroffen. Menschen stiegen aus, Menschen stiegen ein, der Mann im Aufzug blieb stecken. Ein Sanitär- und Heizungstechniker, der spontan an der Fahrstuhltür mit anpackte, konnte nichts tun, er stieg dann in seinen Zug. Die Feuerwehrleute ackerten weiter.
Als dann auch feststand, dass die Bahn in absehbarer Zeit keinen Techniker zur Verfügung stellen würde, entschied Einsatzleiter Müller auf rohe Gewalt. „Wir haben sonst keine Möglichkeit, an den Mann ranzukommen“, sagte Müller. Der nächste IC fuhr unterdessen ein. „Wir schlagen das jetzt ein“, sagte Müller mehr zur Aufzugstür als zur Presse. Blech gab nach. Ein erster Schritt. Und das sogenannte Fensterset, mit dem Mann Glas aufschneiden kann, aus dem Löschfahrzeug wurde gereicht. Aus den Lautsprechern am Bahnhof erklang: „Gleis 5, bitte steigen Sie ein. Die Türen schließen automatisch. Vorsicht bei der Abfahrt.“ Und weg war auch dieser Zug. Ein Glasschneider war währenddessen am Werk, ein schleifendes Geräusch ertönte.
Endlich gab die Tür, vielmehr die äußere ihrer Scheiben, nach. Sie zersprang. Als die verbliebenen Scherben beiseite geräumt waren, konnte die Feuerwehr die Verriegelung der inneren Tür bedienen. Natürlich widersetzte sich auch diese nach Kräften. An diesem Morgen wollte ganz offensichtlich nichts einfach so funktionieren.
Doch am Ende gelang es den Kräften der Feuerwehr, die doppelte Schiebetür, hinter der der Mann immer noch feststeckte, aufzustemmen. Nur allzu widerwillig gab sie doch nach. Der Mann war frei. Seine beiden möglichen Verbindungen nach Stuttgart hatte er verpasst, aber etwa eine halbe Stunde später, diesmal mit nur einer leichten Verspätung, sollte der nächste Zug in die Landeshauptstadt eintreffen. Der Mann war jedenfalls froh, aus dem Aufzug befreit worden zu sein. Es ging ihm gut, den Rettungsdienst benötigte er nicht.
Einsatzleiter Müller meldete der Leitstelle: „Person aus Fahrkorb befreit, die Türen des Fahrkorbs sind zerstört.“ Und an die NRWZ gewandt sagte er: „So krass hatten wir das noch nie.“
Eine Familie, die gerade in ihren Jahresurlaub startete, zeigte sich erleichtert, nicht selbst im Aufzug gestrandet zu sein. „Das hätte uns passieren können“, sagte die Frau. „Die ganze Familie drin, das wäre der Urlaub gewesen, da hätten alle geweint.“ doch als sie ankamen, hatte der Aufzug bereits festgesteckt, mit dem Fahrgast darin. „Wenn er funktioniert hätte, wären wir mit dem Aufzug gefahren“, so die Frau.
„Jetzt fahren wir keinen Aufzug mehr“, legte sich lächelnd der Familienvater fest.
Die Feuerwehr Rottweil wiederum, die am Vortag noch eine Katze aus einem gekippten Fenster befreit hatte, ist am Mittwochvormittag noch zu einem brennenden Mülleimer in der Altstadt gerufen worden.